Israels Militärdiktatur – Ein rechtsfreies Vakuum in der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“

Hebron erlangt traurige Berühmtheit als eine der Hochburgen für die Festnahme von palästinensischen Kindern und Jugendlichen durch israelische Sicherheitskräfte. Durchschnittlich werden im gesamten Westjordanland 2-3 Kinder pro Tag inhaftiert. In Hebron eskalieren die Auseinandersetzungen zwischen jüdischen Siedlern, dem israelischem Militär und Palästinensern regelmäßig, weil die politische Situation die Lebensbedingungen der Menschen erheblich verschlechtert. Leider sind, wie bei allen Kriegen und Konflikten auf der Welt, auch hier oft die Kinder diejenigen, die am meisten unter der Situation leiden. Gründe für die Festnahmen gibt es reichlich: „Security-Reasons!“ Unter die Begrifflichkeit „Security-Reasons“ fällt: Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Molotow-Cocktails oder Steine werfen, die Teilnahme an Demonstrationen – gewalttätig und friedlich, Beleidigungen, etc. Unter „Security-Reasons“ fällt aber auch: Die Vermutung der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, die Vermutung Molotow-Cocktails oder Steine geworfen zu haben, die Vermutung der Teilnahme an Demonstrationen und die Vermutung Beleidigungen ausgesprochen zu haben, etc. Außerdem kann man festgenommen werden wenn man schon einen Familienangehörigen in Haft hat, wenn man die falsche Straßenseite benutzt oder wenn man in einem Haus wohnt, welches die extremistischen Siedler gerne als nächstes annektieren würden. Eines der Grundprobleme ist, dass im israelischen Justizsystem, wörtlich, mit zweierlei Maß gemessen wird. Bei den gleichen Vergehen werden israelische Jugendliche, nach israelischem Zivilgesetz, vor Zivilgerichten (Jugendgerichten) angeklagt und verurteilt, palästinensische Kinder und Jugendliche jedoch nach israelischem Militärgesetz vor Militärgerichten.

Ich habe im Folgenden aufgeführt, was das konkret bedeutet:

Quelle: Bericht: „Children in Military Custody“ (2012)

Die meisten palästinensischen Kinder und Jugendlichen werden festgenommen, weil sie Steine geworfen haben. Das stimmt meistens auch. Sie werfen häufig Steine auf israelische Siedler, Soldaten und Militärfahrzeuge. Das Problem ist nur, dass auch israelische Kinder Steine werfen – auf Palästinenser – diese werden jedoch im Normalfall nicht einmal festgenommen. Einige der Festnahmen finden während Demonstrationen oder gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen jüdischen Siedlern und palästinensischen Kindern oder zwischen Soldaten und palästinensischen Kindern statt. Sehr häufig werden die Kinder jedoch nicht gleich festgenommen sondern Tage oder Wochen später. Auf dem Schulweg, beim Einkaufen oder eben mitten in der Nacht. 60% der Kinder werden zwischen 0 Uhr und 5 Uhr morgens aus dem Schlaf gerissen und in den Häusern ihrer Familien festgenommen (Quelle: Defence for Children & B’Tselem). Sie werden nicht über die Gründe der Festnahme informiert und ihren Eltern wird auch nicht mitgeteilt, wo ihre Kinder hingebracht werden (zumindest nicht in einer Sprache die sie verstehen). Sie werden gefesselt und ihnen werden die Augen verbunden, dann werden sie meist auf dem Boden der Militärfahrzeuge zu einem Militärcamp gefahren. Dort müssen sie sich nackt ausziehen und werden von den Soldaten untersucht. Während der gesamten Zeit werden sie häufig bespuckt, geschlagen, getreten und gefoltert. Vor den Verhandlungen kommt es meist zu sehr langen, grausamen Wartezeiten. Es kann sein, dass die Kinder und Jugendlichen tagelang nichts zu trinken und zu essen bekommen, stundenlang in große Kühlschränke eingesperrt werden, in Räumen mit Hunden warten müssen oder immer wieder in Eis-Bäder getaucht werden. Die Verhandlungen finden teilweise ebenfalls bei Nacht statt. Während den Verhandlungen sind die Kinder und Jugendlichen gefesselt und es wird ihnen nicht mitgeteilt, dass sie das Recht haben zu den Vorwürfen zu schweigen. Sie haben kein Recht darauf ihre Eltern oder einen Verteidiger als Beistand zu haben. Außerdem haben sie kein Recht auf ein Gutachten durch einen Arzt, der den physischen und psychischen Zustand des Betroffenen beurteilt. Sie werden gezwungen Dokumente zu unterschreiben, die sie nicht verstehen (in Hebräisch). Außerdem werden sie so lange gefoltert, bis sie Aussagen und Geständnisse unterschreiben, die sie angeblich gemacht hätten. Eine weitere Methode der israelischen Sicherheitskräfte und der Justiz ist, die palästinensischen Kinder und Jugendlichen als Kollaborateure zu benutzen. Sie versprechen Ihnen Folter- und Haftverschonung wenn diese zukünftig als Informanten für israelische Behörden arbeiten. Da es keine Aufzeichnungen der Gerichtsverhandlungen gibt und sie natürlich auch nicht öffentlich zugänglich sind ist es sehr schwierig diese Verfahren zu überwachen und zu unterbinden. Einige der inhaftierten Kinder sind jünger als 12 Jahre, die meisten sind Jugendliche zwischen 14 und 18. Einige von ihnen werden schon nach ein paar Stunden wieder frei gelassen, andere verbringen Wochen, Monate und Jahre in israelischen Gefängnissen. Sie werden jedoch nicht in Jugendstrafanstalten, sondern in normalen Gefängnissen gemeinsam mit erwachsenen, israelischen Straftäten untergebracht. Die Jugendlichen werden meist in Einzelhaft gehalten und haben kein Recht auf Bildung und auch keine Möglichkeit an anderen Ausbildungsprogrammen teilzunehmen. Oft wissen ihre Eltern weder über den Aufenthaltsort ihrer Kinder, noch über das Entlassungsdatum Bescheid. Die meisten Gefangenen können während der gesamten Zeit keine Besuche von Angehörigen empfangen.

Das israelische Justizsystem kennt vor allem ein Gesetz: Man ist so lange schuldig, bis die Unschuld bewiesen ist.

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