Sambia 2015: HIGH!-lights

1. Friedliche Wahlen:

Nachdem Sambias vorheriger Präsident Michael Sata (Patriotic Front = PF), nach nur 3 Jahren im Amt, am 28. Oktober 2014 verstarb, wurden 5,16 Mio. Sambier Anfang des Jahres erneut an die Wahlurnen gerufen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes wurden Präsidentschaftswahlen während der Regenzeit abgehalten, was dazu führte, dass Stimmzettel aus abgelegenen Gegenden mit Ochsenkarren, Fischerbooten und Hubschraubern zusammengetragen werden mussten. Die logistischen Hürden verzögerten die Abstimmung um ganze 4 Tage, sodass erst am 24. Januar das Ergebnis bekannt gegeben werden konnte. Insgesamt waren 11 Kandidaten angetreten, wobei sich schon vor der Wahl abzeichnete, dass es ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Edgar Lungu (PF), dem Nachfolger Satas und Hakainde Hichilema, dem Vorsitzenden der stärksten Oppositionspartei (United Party for National Development = UPDN), geben wird. Obwohl die Wahlbeteiligung mit nur 32,4% erschreckend niedrig war, beschrieben internationale Wahlbeobachter der African Union, der Southern African Development Community (SADC) und dem Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa die Präsidentschaftswahlen 2015 als frei, fair, transparent, glaubwürdig, demokratisch und im Allgemeinen – friedlich.

2. Erste weibliche Vizepräsidentin

Als eine seiner ersten Amtshandlungen ernannte der neue Präsident Lungu die frühere Ministerin für Gender and Child Development, Inonge Wina, zur ersten weiblichen Vizepräsidentin Sambias. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass lediglich drei der 54 souveränen Staaten Afrikas von Frauen regiert werden und nur fünf Stellvertreterinnen weiblich sind, wird die Exklusivität dieser Position deutlich. Als soziale und politische Aktivistin engagierte sich Wina schon seit der Unabhängigkeit 1964 für Frauenrechte und bleibt ihrer Linie auch als Vizepräsidentin treu, indem sie sich für gesellschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen einsetzt.

3. Die Zeitung The Post ist zurück

Sambias Printmedienlandschaft besteht aus vier großen Tageszeitungen (Times of Zambia, Zambia Daily Mail, Zambia Daily Nation und The Post), von denen die zwei erstgenannten in Staatsbesitz sind und dementsprechend als regierungstreue Sprachrohre fungieren. Da die private Daily Nation nach einer kurzen unabhängigen Phase ebenfalls einen Deal mit der Regierung eingegangen ist, kommt der Post, als selbst proklamierte „Zeitung die nachhakt“, die Rolle einer Oppositionszeitung zu. Allerdings hat die Post unter Präsident Sata vorübergehend ebenfalls journalistische Prinzipien verraten und erst mit Edgar Lungus Einzug im State House ihre Rolle als einzige regierungskritische Tageszeitung wiedergefunden. Im vergangenen Jahr war sie deshalb äußerst beschäftigt die Flut an zugespielten Informationen auszuwerten, die groben Fehltritte der Regierung aufzudecken und unzählige Fälle von Korruption, Nepotismus und finanziellem Missmanagement aufzuklären. Als Stimme der Opposition erhöht die Post gleichzeitig die Chance auf faire Wettbewerbsbedingungen für alle Parteien, die im Sommer 2016 zur Wahl antreten und wird damit mehr und mehr zu einem Dorn im Auge der Regierung.
Es scheint als würde der Druck auf Präsident Lungu spürbar steigen, denn es ist anzunehmen, dass ein Zusammenhang zwischen unbequemen Artikeln und der erhöhten Aufmerksamkeit, die das Finanzamt der Post schenkt, besteht. Im November und Dezember 2015 führte die Zambian Revenue Authority (ZRA) zwei Razzien bei der Post durch und verlangte eine sofortige Steuernachzahlung von 16,9 Mio. Kwacha (1,4 Mio. Euro). Schon ein Jahr zuvor beschuldigte das Finanzamt die Zeitung, steuerlichen Pflichten über 27 Mio. Kwacha (2,25 Mio. Euro) nicht nachgekommen zu sein. Die Post dementierte diese Schuld, leitete eine justizielle Untersuchung ein und gewann das Verfahren schließlich vor dem Obersten Gerichtshof. Vor dem Hintergrund der anstehenden Präsidentschaftswahlen im Sommer 2016, liegt nahe, dass die wiederholten Besuche der ZRA keine solide steuerrechtliche Grundlage haben, sondern eher einen Imageschaden herbeiführen und die Zeitung finanziell schwächen sollen.

4. Sambias erste „people-driven“ Verfassung?

Sambias erste Verfassung wurde direkt nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1964 verabschiedet. Seither wurde die sambische Verfassung drei Mal – in den Jahren 1973, 1991 und 1996 – geändert. Die größte Schwäche der letzten Verfassung war ihre fehlende Legitimation, weshalb Präsident Sata im November 2011 ein Komitee damit beauftragte eine neue Verfassung auszuarbeiten die binnen 90 Tagen in Kraft treten sollte.  Der erste Entwurf des Komitees wurde 2012 veröffentlicht, von einer Untersuchungskommission geprüft und anschließend einer langwierigen öffentlichen Diskussion unterzogen, die alle politischen Ebenen (Distrikte, Provinzen, Nationales Level) umfasste sowie die Zivilgesellschaft miteinbezog. Aufgrund dessen wird die neue Verfassung erstmals als „people-driven“ bezeichnet. Inwiefern sie jedoch tatsächlich „von der Bevölkerung bestimmt“ wurde bleibt fraglich, denn nach der Ausarbeitung des finalen Entwurfs im Jahr 2013 begann der Prozess zu entgleisen. Ursprünglich sollte der gesamte Verfassungsentwurf einem Referendum unterzogen werden, doch einige Regierungserklärungen später stand fest, dass sie anstatt dessen dem Parlament vorgelegt werden würde und lediglich der „Bill of Rights“ einer Volksabstimmung unterzogen wird. Obwohl die Mehrheit der Opposition gegen den Verfassungsentwurf stimmte, wurde sie nun – 4 Jahre später – im Dezember 2015 mit der nötigen 2/3 Mehrheit vom Parlament angenommen (111 Stimmen dafür, 37 dagegen, keine Enthaltungen) und trat mit der Unterzeichnung Präsident Lungus am 5. Januar 2016 in Kraft. Die „Grand Coalition for a People-Driven Constitution” boykottierte die Zeremonie mit der Begründung, dass es sich um eine “von der PF-Regierung gesteuerte Verfassung” handle.

Wichtige / Umstrittene Veränderungen die angenommen wurden:

  • Absolute Mehrheit bei Präsidentschaftswahlen (50%+1 Stimme), anstelle Relativer Mehrheit (winner-takes-all oder first-past-the-post system)
  • Der „Running Mate“ des Präsidenten wird mit dem Präsidenten zum Vizepräsidenten gewählt
  • Erweiterung des Parlaments von 150 auf 156 Abgeordnete
  • Alle Parlamentsabgeordneten müssen die 12. Klasse abgeschlossen haben (aktuell nur 35 von 150!)
  • Festlegung der Wahlen (alle 5 Jahre am zweiten Donnerstag im August – somit am 11. August 2016)
  • Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft

Verfassungsentwurf-Klauseln, die vom Parlament gekippt wurden:

  • Einrichtung von Versammlungen auf Provinzebene (= Landesparlamente)
  • Einführung des Verhältniswahlrechts bei Parlamentswahlen
  • Erweiterung des Parlaments um 100 Abgeordnete (Einzug über Parteilisten)
  • Ernennung von Nichtparlamentariern zu Ministern
  • Haushaltsverabschiedung mit Einfacher Mehrheit
  • Landverteilungsrecht des Präsidenten

Der „Bill of Rights“ (= Grundrechtekatalog):

Die Abstimmung des Parlaments bezog sich auf die Verfassung ausgenommen des „Bill of Rights“. Die Veränderungen im Grundrecht sollen nach wie vor einer Volksabstimmung unterzogen werden, die parallel zu den allgemeinen Wahlen am 11. August 2016 stattfinden wird. Das Konzept wurde im vergangenen Jahr veröffentlicht und umfasst erweiterte Rechte für Frauen, Kinder, Jugendliche, behinderte und ältere Menschen. Außerdem sollen Kinderehen unterbunden werden, indem das Alter für legale Hochzeiten auf 19 Jahre angehoben wird. Schließlich beinhaltet der Entwurf Grundrechte wie eine medizinische Versorgung, angemessene Behausung, Nahrungsmittel von akzeptablem Standard, sauberes Wasser, Sanitäreinrichtungen, soziale Sicherung und eine kostenlose Grund- und Sekundarschulbildung sowie das Recht auf Leben, Gerechtigkeit und den Zugang zu Informationen.

5. Rekordernte

Sambia konnte im Jahr 2015 trotz mangelnder Regenfälle eine Mais-Rekordernte von 2,62 Mio. Tonnen verbuchen. Ein Teil des überschüssigen Mais wurde exportiert, während der Rest als strategische Notfallreserve eingelagert wurde (das Land bedarf über 2 Mio. Tonnen jährlich um seine Bevölkerung und den Viehbestand zu versorgen). Neben Sambia konnten im vergangenen Jahr lediglich Tansania und Südafrika (nur 3 der 15 SADC-Mitgliedsstaaten) einen Mais-Überschuss produzieren. Allerdings scheint der Überschuss wenig Einfluss auf die Ernährungssicherheit in Sambia zu haben, denn die Anzahl der Menschen, die abhängig von Nahrungsmittel-Hilfslieferungen sind, ist von 350.000 (2014) auf 800.000 (2015) angestiegen und weiterhin bleiben 40% der Kinder unter 5 Jahren mangelernährt.


Die LOWlights 2015 folgen nächste Woche! 🙂

 

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