Taxi fahren auf Palästinensisch

Ich bin hier sehr oft mit dem Service-Taxi unterwegs. Service-Taxis sind orangenfarbene Kleinbusse mit 8-10 Sitzplätzen die in Palästina Öffentliche Verkehrsmittel ersetzen. Es gibt kaum öffentliche Busse und keine Zugverbindungen. Die Service-Taxis haben jeweils Lizenzen für bestimmte Strecken und fahren diese dann den ganzen Tag ab. In jeder Stadt gibt es eine große Service-Taxi-Station (sozusagen einen Busbahnhof) die Start- und Zielpunkt ist. Die Taxis fahren los, wenn alle Plätze belegt sind. Haltestellen gibt es nicht, wenn man aussteigen möchte sagt man dem Fahrer einfach, dass er bitte anhalten soll. Wenn man irgendwo auf der Strecke dazu steigen möchte stellt man sich einfach an die Straße (meistens muss man nicht einmal winken). Wohl der einzige Vorteil daran, dass unsere Wohnung direkt an der Hauptstraße in Beit Sahour liegt ist, dass man so direkt vor der Haustür „abgeholt“ wird. Es kommen wirklich im Sekundentakt Service-Taxis und so ist man in ca. 10 Minuten für 3 Scheckel (60 Cent) in Bethlehem.

Servicetaxi

Ich bin aber auch schon weitere Strecken mit dem Service-Taxi gefahren. Nach Ramallah, nach Nablus und nach Jericho. An meinem Geburtstag hatte ich die bisher absolut schlimmste Taxifahrt meines Lebens!!! Irgendwann habe ich mich nur noch mit den Händen am Sitz vor mir festgehalten, auf den Boden geschaut und mir überlegt was für eine Ironie des Schicksals es wäre, wenn auf meinem Grabstein stehen würde, dass ich am gleichen Tag gestorben wie geboren bin. Der Taxifahrer ist wirklich gefahren wie ein Wahnsinniger!!! Ich habe bisher die ein oder andere nervenaufreibende Taxifahrt erlebt und eigentlich sind alle Taxifahrer wirklich total lebensmüde, aber dieser hat wirklich alles übertroffen! Ich kann das gar nicht beschreiben, das muss man erlebt haben! (-> Nein!) Wer die Strecke nach Ramallah kennt, der kann sich vielleicht vorstellen was ich meine. Eine teilweise unbefestigte Passstraße wie es sie wahrscheinlich in den ganzen Alpen nicht gibt und das Ganze dann mit gefühlten 180km/h und LKW-Überholmanövern mit Gegenverkehr. Ich lebe zwar noch, aber ich bin gestorben vor Angst! Mittlerweile habe ich die Erfahrung gemacht, dass es wirklich besser ist mit älteren Taxifahrern als mit jüngeren zu fahren. Ich glaube, dass die jungen Männer einfach noch zu viel Energie und Temperament haben! Es darf kein Auto vor ihnen sein, sie müssen auf jeden Fall erster sein!
Es gibt aber wirklich nicht nur schlechtes über Taxifahrer zu berichten! Ich hatte auch schon so viele nette und lustige Erfahrungen. Während einer Fahrt von Bethlehem nach Beit Sahour hat der Fahrer immer wieder angehalten, den Kofferraum mit irgendwelchen Sachen vollgeladen und ist weiter gefahren. Einen Kilometer später ist er wieder angehalten, hat die Sachen ausgeladen und ist wieder weiter gefahren. Dann hat er wieder angehalten, neue Sachen eingeladen und ist weiter gefahren… Und so weiter und so fort… 
Während einer Taxifahrt von Ramallah zurück nach Bethlehem habe ich einen kleinen Einblick in die Schleichwege der Taxifahrer bekommen. Es war Spätnachmittag und es gab wohl Probleme am Checkpoint bei Ramallah weswegen sich der Verkehr bis in die Innenstadt zurück gestaut hat. Wahrscheinlich standen die meisten Autos dort eine Ewigkeit – nicht aber die Service-Taxis! Der Fahrer ist einfach in die nächste Seitenstraße eingebogen und dann mit 80km/h über unbefestigte Schotterpisten mit Schlaglöchern groß wie Mondkrater. Wir haben also, zusammen mit 5 anderen orangenen Service-Taxis in Kolonne, versucht den Checkpoint zu umgehen – Irgendwo im Nirgendwo! Nach 20 Minuten zwischen Hinterhöfen, Müllhalden, Schuttbergen und Straßenhunden sind wir schließlich tatsächlich hinter dem Checkpoint wieder auf die normale Straße gekommen. Eines muss man ihnen wirklich lassen, sie wissen sich zu helfen!
Meine beste Taxifahrt bisher hatte ich letzte Woche. Es war schon dunkel und ich war der einzige Fahrgast (was ich eigentlich nicht so toll finde!). Ich bin eingestiegen, habe gesagt, dass ich nach Beit Sahour möchte und der Fahrer ist losgefahren. Mitten auf halber Strecke hielt er plötzlich rechts an der Straße an – „one minute“ – sprang aus dem Auto und lief über die Straße. Eine Minute später kam er mit 2 Bechern heißem Kaffee zurück, drückte mir einen in die Hand und wir fuhren weiter.

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